Braubach
12.01. - 14.01.2012
Am nächsten Morgen, wir hatten eigentlich schon Neustadt an der Saale als nächstes Ziel festgelegt, bringt Manni den Rhein ins Spiel. Er ist der Meinung dass wir dort mehr zu sehen haben wenn das Wetter weiter regnerisch bleibt. Also wird das Navi neu gefüttert.
Als ersten Stopp haben wir uns Bad Soden-Salmünster am hessischen Spessart ausgesucht. Doch der Platz gefällt uns nicht so gut. So machen wir hier nur einige Fotos.
Nun geht es weiter zum nächsten Platz. Das ist Ober-Olm südlich von Mainz.
Doch dieser Stellplatz sagt uns überhaupt nicht zu. Er liegt am Ende eines kleinen Gewerbegebietes hinter zwei Supermärkten. Man hat zwar in einer Richtung den Blick in Felder, aber ansonsten ist man zwischen Wohnhäusern und Gewerbeobjekten eingekesselt.
Also heißt es wieder: Weiterfahren. Wir steuern den Punkt auf unserer Liste an. Das ist Bacharach am Rhein. Der Platz liegt direkt am Rheinufer und man hat einen wirklich schönen Blick auf den Rhein. Doch der Platz hat viele Schlaglöcher mit Wasser gefüllt und wirkt sehr schlammig. Aber wir richten uns trotzdem häuslich ein. Bei meiner Erkundungstour über den Platz finde ich einen Hinweis an der Infotafel dass es hier, seit dem 23.12.2011, kein Wasser und keinen Strom mehr gibt. Hilft also alles nichts. Wir müssen noch mal weiter.
Hoffentlich zum letzten Mal steuern wir heute den nächsten Platz an. Doch ich habe den Platzbetreiber in Braubach bereits angerufen. Der Platz ist offen und Strom und Wasser gibt es auch. Also, auf geht es.
Wir fahren die B 9 entlang des Rheins bis Boppard. Hier müssen wir mit der Fähre die Rheinseite wechseln. Doch die Fähre legt nicht so an wie eine Autofähre das üblicherweise macht sondern in Längsrichtung wie ein normales Fahrgastschiff. Also müssen wir erst mal mit dem Fährmann abklären ob wir überhaupt mit können. Der Fährmann guckt sich das Wohmo kurz an und bejaht dann.
Dann erreichen wir endlich Braubach. Der Platz ist asphaltiert und recht groß. Auch dieser Platz liegt unmittelbar am Rhein.
Als Landmarke und gleichzeitig Aushängeschild des Unesco-Welterbes Oberes Mittelrheintal thront die im 13. Jahrhundert errichtete Marksburg hoch über dem Fluss. Sie ist die einzig unzerstörte Höhenburg am Rhein und repräsentiert wie kaum eine andere Wehranlage das ritterliche Leben auf einer Burg im Mittelalter.
Der Eck-Fritz wurde 1597 als Bauernschänke erbaut und erfüllt seine Pflicht noch heute.
Im Inneren befindet sich eine urgemütliche Schankwirtschaft, die großteils mit dunklem Holz ausgekleidet ist. Historische Fotos und Werkzeuge erinnern an die gute alte Zeit und lassen nicht nur
Einheimische ins Schwärmen geraten.
Das Obertor war das östlichste Tor der Stadtmauer und ein wichtiger Kontrollpunkt zur Handelsstraße nach Wiesbaden. Es wurde Anfang dieses Jahrhunderts von der Braubacher Kleinbahn als Durchfahrt genutzt. Nachdem die Blei- und Silberhütte den Transport aber auf Lkw umgestellt hatte, wurde die Kleinbahn in die Schweiz verkauft und das Obertor umgebaut. Heute fließt der Verkehr um dieses Tor herum und der in der Spitze des Turmes eingerichtete Sitzungsssaal kann gemietet werden.
Wahnsinn, blühende Rosen und frische Knospen (12. Januar 2012)
Der Freitag ist wechselhaft und oft regnersich. Wir verbringen einen gemütlichen Wohmotag.
Samstag wird ein schöner Tag. Die Sonne kommt schon früh raus. Wir gehen heute zur Marksburg hoch. Dort können wir an einer Führung teilnehmen. Sogar Wilko darf an der Führung teilnehmen.
Im Mittelalter und auch später gab es in der Burg den ganzen Berg hinauf keine Treppenstufen, die Bewohner mussten über eine so genannte Reitertreppe, die in den gewachsenen Fels geschlagen worden war, in die Kernburg steigen; es gab keinen anderen Zugang! Berittene konnten sogar bis oben in die Kernburg reiten – eine Notwendigkeit bei den schweren Harnischen!
Die Kanonen in der Großen Batterie sind sog. „Kartaunen“. Bei den Kanonen in der Großen Batterie unterscheidet man nach dem Kugelgewicht. Zwölf- und Sechspfünder. Ihre Reichweite beträgt etwa 1000 m, man konnte also das Rheintal in seiner ganzen Breite damit bestreichen. Sie dienten in Friedenszeiten auch zum Salutschießen, wenn hohe Herrschaften vorbeifuhren.
Auf dem höchsten Punkt des Burgfelsens steht der fast 40 Meter hohe schlanke Bergfried mit einer Kantenlänge von nur 6 Metern. Der unterste Teil wurde 1239 von den Edelfreien von Braubach, der obere Teil mit seinem runden Aufsatz noch vor 1468 von den Grafen von Katzenelnbogen errichtet. Diese "Butterfasstürme" wurden wohl von diesem Geschlecht in Deutschland eingeführt; sie hatten solch aufwendige Türme auf ihren Reisen in Frankreich und Italien kennen gelernt.
Im untersten Stockwerk des Turmes befindet sich das Verlies der Burg.
In der Kernburg gelangen wir zuerst zum Weinkeller im Gotischen Saalbau. In diesem Gewölbe unter dem Gotischen Saalbau kann man Interessantes über die Trinkgewohnheiten und den immensen Weinkonsum im Mittelalter erfahren – rund 3 bis 4 Liter pro Person und Tag! Damals lagerten hier deshalb weit mehr volle Fässer, als wir heute leere haben, denn Wein war neben Bier in dieser Gegend das wichtigste flüssige Lebensmittel.
Über die Kellertreppe erreichen wir das Erdgeschoss des 1435 errichteten Gotischen Saalbaus. Hier unten in der Burgküche nimmt der Raum den gesamten Gebäudegrundriss ein, der dadurch einen regelrecht hallenartigen Charakter hat. Der große Kamin und die Gerätschaften und Gefäße dokumentieren, wie hier das Essen für die Burgmannschaft bereitet wurde. Hier wurde nicht nur gebraten und gekocht, sondern in diesem großen Raum nahm auch das Gesinde die Mahlzeiten ein.
Räume und übrigens auch ganze Gebäude auf Burgen nennt man Kemenaten, wenn sie heizbar waren (von "Kamin"). Dass ein solcher Raum ausschließlich den weiblichen Bewohnern der Burg vorbehalten war, ist zwar eine charmante Vorstellung, aber sicher nicht realistisch. Eher dürfte dieser Raum der ganzen Familie des Hausherrn als intimer Wohnraum, als „fürnem gemach“ gedient haben. Man kann sich hier sehr gut vorstellen, dass damals die Burgherrin auf der Bank in der Fensternische („Fensterbank“!) saß, las, stickte oder Harfe spielte...
Die Tafel im Rittersaal. Hier im sogenannten Rittersaal spielte sich das höfische Leben der Burgherren ab, Veranstaltungen, Beratungen, Mahlzeiten, auch Festivitäten; der Raum war Lebensmittelpunkt: Wohn-, Ess- und Arbeitszimmer. Höhepunkt des oft eintönigen Burglebens war, wenn ein fahrender Sänger hier Station machte und berichtete, was es in der weiten Welt an Neuigkeiten gab – die Zeitung des Mittelalters! Der Burgherr saß dann am großen Kamin, die Burgherrin, die Burgfräulein und Knappen auf den Fensterbänken. Oder man speiste an der langen Tafel, die mit Speisen herein- und nach Beendigung des Mahles wieder hinausgetragen wurde – "man hob die Tafel auf".
Die Burgkapelle befindet sich im Kapellenturm von 1372, dem zweiten mächtigen Burgturm. Sie ist mit ihrem zehnteiligen spätgotischen Gratgewölbe der am aufwendigsten gestaltete Raum der Burg. Die Kapelle der Marksburg scheint auf den ersten Blick ziemlich klein. Man muss aber bedenken, dass die Besatzung einer solchen Burg in Friedenszeiten kaum über zehn Personen hinausging, außerdem durften ja auch nur der Burggraf und seine Familie in der Burgkapelle die Messe besuchen, nicht etwa das Gesinde.
Die Rüstkammer befindet sich im Rheinbau. Hier finden wir einen der Höhepunkte der Führung: die „Gimbelsche Sammlung“, eine Zusammenstellung von zwölf lebensgroßen Figuren aus dem Jahr 1880. Sie veranschaulichen die Entwicklung der Panzerung des Kriegers von der Antike bis zum Ende des Mittelalters, von der Bronze- bis zur frühen Neuzeit. Für die Harnische wurden – neben den qualitätvollen Rekonstruktionen – auch Originalstücke verwendet.
Hier im Keller des Palas konnten die Pferde bzw. Maultiere, die ja als Lasttiere bei einer solch steilen Burg unverzichtbar waren, untergestellt
werden.
Heute wird hier eine Sammlung von Folter- und Strafinstrumenten gezeigt. Eine spezielle Folterkammer hat es auf der Marksburg wahrscheinlich gegeben, denn sie war ja zeitweise Herrschaftssitz, wo
auch zu Gericht gesessen wurde, und eine Folterkammer gehörte ganz selbstverständlich dazu. Auf der Marksburg befand sich die Folterkammer möglicherweise im Untergeschoss des
Kapellenturms.
Die Decke des Marstalls ist mit ihren Balken aus dem Jahr 1239, dem Jahr der ersten Burgerbauung, erhalten geblieben.
Auf dem Rückweg werfen wir noch einen Blick in die Burgschmiede, die Reparaturwerkstatt der Burg. Auf der Marksburg ist dieser Raum teilweise in den Felsen gehauen und zeigt sehr gut, wie man sich eine Burgschmiede des 15. Jahrhunderts vorstellen muss, inklusive Amboss, Blasebalg für die Esse, Werkbank, Schleifstein, Werkzeuge, Lederschurz – alles scheint nur auf die Wiederaufnahme der Arbeit zu warten.